Abgabe Projektbericht

Abgabe Projektbericht

von Julia Zuber -
Anzahl Antworten: 1

Sehr geehrter Herr Holtz,


anbei finden Sie meinen Projektbericht für die LVA Qualitative Forschungsmethoden.

Ich habe die inhaltliche Fragestellung, wie damals im ersten Konzept präsentiert, leicht abgeändert. Die Datengrundlage und die Auswertungsform sind jedoch gleich geblieben. Ich hatte während der Beschäftigung mit der Literatur und den Daten den Eindruck, dass die Arbeit (bezogen auf die inhaltliche Ausarbeitung für mein Dissertationsprojekt) durch die Änderung der Fragestellung an inhaltlicher Relevanz und Qualität gewinnt.

Ich würde mich über Ihre Rückmeldung sehr freuen!

Julia Zuber

Als Antwort auf Julia Zuber

Re: Abgabe Projektbericht

von Peter Holtz -

Sehr geehrte Frau Zuber,
Ihre Arbeit gefällt mir sehr gut und ich benote sie mit der Note 1 (sehr gut).

Besonders gut gefällt mir Ihre kritische Reflexion der Mayringschen Empfehlungen im Hinblick auf die Nützlichkeit für Ihre Analyseziele. Ihre Arbeit ist ja stark von einer deduktiven Forschungslogik geprägt (Anwendung des Fishbein-Ajzen-Modells). Insofern erscheint es für mich vertretbar und sinnvoll, in einem ersten Schritt nur Textstellen herauszusuchen, die im Hinblick auf die Fragestellung relevant erscheinen. Hier wiederum denke ich doch, dass Mayrings rat bei "W-Fragen" induktiv vorzugehen durchaus sinnvoll ist. "Welche" z.B. impliziert ja, dass Sie hier auch z.B. Einstellungen erfassen wollen, an die Sie vorher nicht gedacht haben. Allerdings sollten wie gesagt nur potenziell relevante Textteile herangezogen werden.

Ich denke ganz allgemein bezeichnet Mayring mit "Rückführung" den klassischen hermeneutischen Zirkel: Bei Teilen der Analyse, z.B. bei der Festlegung von Explikationsregeln, geht man ja bei einigen wenigen Textstellen sehr ins Detail. Allerdings sollte man trotzdem immer wieder überprüfen, ob man im Hinblick auf die zu Grunde liegende Fragestellung noch auf dem richtigen Kurs ist. Hierzu ist es sinnvoll, einfach immer wieder das originale Textmaterial zur Hand zu nehmen und durch einfaches lesen auszuprobieren, inwiefern die bisherigen Analysen das Verständnis verändern und wo man eventuell noch etwas übersehen haben könnte. 

Für mich wäre das, was Sie als inhaltliche Strukturierung bezeichnen, eher noch ein Teil der Kategorienbildung und damit der Zusammenfassung. Ich denke, dass normalerweise die Schritte der jeweils in Frage kommenden Strukturierung nach Abschluss der Erstellung des Kategoriensystems und auf Grundlage der Ergebnisse der zusammenfassenden Inhaltsanalyse geschehen sollten. 
Widersprüchliche Aussagen sind durchaus sehr häufig. Die "Bildungsreform" ist ja auch ein sehr großes, komplexes und "schillerndes" Gebilde. Widersprüchliche Aussagen können insofern (beispielsweise) entweder dadurch Zustande kommen, dass in unterschiedlichen Passagen verschiedene Aspekte der Implementation von Bildungsstandards betrachtet werden; andererseits haben Menschen oft tatsächlich widersprüchliche Einstellungen zu Themen. Dieses Phänomen wird beispielsweise unter dem Schlagwort "kognitive Polyphasie" (cognitive polyphasia) erforscht. 

Ganz generell hätte ich vielleicht als ersten Schritt innerhalb der Interviews das Verständnis der Bildungsreform und der Bildungsstandards abgeklärt. Häufig nimmt man irrtümlicherweise etwas zu bereitwillig an, dass andere Leute komplexe Sachverhalte ähnlich verstehen, wie man selbst - und häufig irrt man sich da. 

Ich denke trotzdem, dass Sie in den Interviews einen interessanten "Fundus" an Aussagen haben. der Sie für Ihre weitere Forschung auf interessante Ideen bringen kann. Ich wünsche weiterhin viel Erfolg.

Viele Grüße,
Peter Holtz